Die Galloromanen

Die Siedlung von Bliesbruck entwickelt sich ab Mitte des 1. Jahrhunderts n.  Chr. und erreicht ihre größte Ausdehnung in der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts,  mit einer Bevölkerung von 2 bis 3 Mio. Einwohnern. Das Bestehen eines öffentlichen Monumentalzentrums und die gleichmäßige Strukturierung der Handwerkerviertel, deren Überreste heute erhalten und vor Ort sichtbar sind, zeugen vom urbanen Charakter dieser Siedlung. Dies verdeutlicht wiederum den Reichtum des Gebiets, in dem diese kleine Stadt als  Streckenposten von Divodurum (Metz), dem Hauptort der antiken  Stadt der Mediomatriker,  diente.

DIE ÖFFENTLICHEN THERMEN

Der Thermenkomplex  wurde gegen Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr.  nach einem Schema errichtet, das ohne grundlegende Änderungen bis zum 3. Jahrhundert erhalten blieb. Die Thermen ermöglichen es, Hygiene und Entspannung zu kombinieren. Die Bade-, Gymnastik- und Ruhebereiche waren somit Orte der Begegnungen und des Austausches, sodass dieses eindrucksvolle Gebäude eine wichtige soziale Rolle im Herzen der kleinen Stadt spielte.

Der architektonische Bauplan der Thermen unterlag einer bestimmten Kodifizierung, die durch das Baderitual bedingt und von einem progressiven Übergang von lauwarmem zu heißem Wasser, gefolgt von einer kalten Abspülung oder einem Bad in kaltem Wasser geprägt war. Mehrere Räume waren mit Bodenheizung (Hypokaustum) ausgestattet. Warme Luft zirkulierte zwischen den Pfeilern aus Tonfliesen, die den Boden stützten.

Der moderne Museumspavillon bietet einen Parcours anhand  mehrerer Aussichtspunkte über die Fundstätten und ermöglicht es dem Publikum, die Funktionen der verschiedenen Säle zu interpretieren und zu verstehen.

Die Thermen waren in der Antike für einen großen Teil der Bevölkerung zugänglich, und die Badegäste können heute anhand der verlorenen persönlichen Gegenstände identifiziert werden, darunter zahlreiche Fibulas (Broschen, mit denen die Kleidung befestigt wurde) und Schmuckstücke, die heute in der Eingangshalle des Museumspavillons ausgestellt sind.

DAS ÖFFENTLICHE MONUMENTALZENTRUM, EIN ECHTES FORUM

Die erhaltenen Funde zeugen von einer echten urbanen Szenographie. Ein riesiger Platz, der durch ein Wegenetz strukturiert ist, wird im Hintergrund von der monumentalen Fassade der öffentlichen Thermen begrenzt. Diese ist von zwei Geschäftsflügeln umrahmt und wird seitlich einerseits durch eine Basilika (ein großes dreischiffiges Gebäude, in dem verschiedene öffentliche Versammlungen abgehalten wurden) und andererseits durch einen Geschäftsflügel, der den gewerblichen Aspekt dieses Bereichs hervorhebt, geschlossen. Im Zentrum befindet sich ein halbkreisförmiger Springbrunnen, der gemeinsam mit den Thermen eine Wasserachse bildet. Es handelt sich um ein Symbol urbaner Würde bzw. ein Zeichen für die zivilisatorische Funktion des Römischen Reichs.

 

DIE HANDERVERKERVIERTEL

Zu beiden Seiten der Hauptstraße befanden sich die Handwerker- und Gewerbeviertel, die unter der ehemaligen Straße von Bliesbruck nach Reinheim erhalten geblieben sind. Zwei dieser Viertel (West und Ost) wurden ausgegraben, konserviert und können jetzt besichtigt werden.
Sie bestehen aus rechteckigen länglichen Häusern, die von Säulengängen gesäumt sind und auf der Schmalseite zur Straße zeigen. Diese Häuser vereinen innerhalb derselben Baueinheit handwerkliche Bereiche, Geschäfte, Wohn- und Aufenthaltsräume mit Bodenheizung. Sie werden im hinteren Bereich durch geschlossene Parzellen verlängert, die für die Aufbewahrung von Hilfs- oder Gartengeräte oder als Ställe für kleine Haustiere verwendet wurden.
Infolge der Ausgrabungen konnten die Zeugnisse verschiedener Tätigkeiten zutage befördert werden: Eisenverarbeitung, Bronzehandwerk, Bäckerei, Töpferei... Diese Handwerker genossen einen gewissen Wohlstand, worauf zahlreiche Metallobjekte, Schmuck, Münzen, Toilette- und Schreibartikel schließen lassen, die in der Ausstellungsgalerie im Empfangsgebäude präsentiert werden.

DIE GROSSE VILLA

Ca. 800 m im Nordwesten der galloromanischen Siedlung befindet sich eine große Villa, die einem reichen Landbesitzer gehörte. Sie gehört zur Kategorie der großen ländlichen Gebäude, mit axialem Grundriss, die eine Trennung zwischen Wohnbereich, Herrenhaus und wirtschaftlichem Bereich aufweisen. Der Wohnbereich, der mehrere Empfangsräume umfasste, war mit allem Komfort versehen und entsprach dem geläufigen Apparat eines römischen Würdenträgers: Räume mit Bodenheizung, freskenverzierte Wände, private Badebereiche und Säulengänge, die heute aufgrund des schlechten Erhaltungszustands nur mehr andeutungsweise erkennbar sind.
Der Wirtschaftshof war von einer Mauer umgeben, an die in gleichmäßigem und symmetrischem Abstand 12 Nebengebäude angrenzten (sechs auf jeder Seite): landwirtschaftliche Gebäude, Werkstätten oder die Gesindewohnungen des großen Anwesens, in dessen Zentrum sich die Villa befand.
Die teilweise Rekonstruktion dieser Villa ermöglicht es ebenfalls, die symbolische und politische Bedeutung dieses Gebäudes über seinen Stellenwert als wirtschaftliches Zentrum und Wohnort einer Großfamilie hinaus zu verstehen. Die allgemeine Strukturierung sollte die herrschaftliche Residenz vorteilhaft zur Geltung bringen, die man erst nach einem langen Weg erreichte, nachdem man die Eingangspforte durchschritten hatte und in einen geschlossenen Bereich eintrat - wobei diese Bauelemente mit einer urbanen Befestigungsmauer vergleichbar waren.
In der Villa wurden zahlreiche archäologische Objekte gefunden, wovon einige in einem der rekonstruierten Gebäude ausgestellt sind. Der bedeutendste Gegenstand ist das Metallvisier eines Helms in Gesichtsform, ein wichtiges Element der Paradeausrüstung des Kavalerie-Korps der römischen Armee, in der einer der angesehenen Besitzer der Villa zweifellos gedient hat.

DIE GALLOROMANISCHE ANIMATIONSZONE

Eine Bäckerei-Müllerei und Töpferei  wurden an der Stätte rekonstruiert und ermöglichen es, sich einen Moment lang in den Alltag der galloromanischen Handwerker und Händler zu versetzen. Ein experimenteller Garten präsentiert die Pflanzen, die von den Einwohnern angebaut oder verzehrt wurden, in Übereinstimmung mit den übermittelten archäologischen Daten.