Bliesbruck-Reinheim

VON EINER NOTGRABUNG ZUM EINEM EUROPÄISCHEN ARCHÄOLOGIE-PARK

Zwischen Bliesbruck (Moselle) und Reinheim (Saarland) fließt der Fluss Blies durch ein ausgedehntes und wunderschönes Tal, über dem der kleine Hügel Homerich ragt, dessen vorteilhafte Lage seit mehreren Jahrtausenden geschätzt wird. Infolge der Besiedlungsgeschichte ab dem Ende der Bronzezeit (gegen 1200 v. Chr.) entstand eine keltische Fürstengrabstätte (7. bis 3. Jahrhundert v. Chr.), zu der das außerordentliche Grab der Fürstin von Reinheim gehört, bei dem es sich um das  wertvollste Zeugnis handelt. In der römischen Epoche befand sich in diesem Tal neben einer kleinen Stadt, die für ihre öffentlichen Thermen und Handwerkerviertel bekannt war, auch eine imposante Villa. In der heutigen Zeit befindet sich in diesem kleinen Gebiet, das von der deutsch-französischen Grenze durchzogen wird und von einer bewegten Geschichte seit dem Ende des 18. Jahrhunderts geprägt ist, infolge der Gründung eines Archäologie-Parks ein  öffentlich zugängliches europäisches Zentrum für Forschung und die Aufwertung des Kulturerbes.

DIE ENTDECKUNG DES FÜRSTINNENGRABS VON REINHEIM

Obwohl im Laufe des 19. Jahrhunderts verschiedene  zufällige Entdeckungen gemacht und Ausgrabungen durchgeführt wurden, so wurde die Stätte erst nach der Entdeckung des Fürstinnengrabs von Reinheim zu einem bedeutenden archäologischen Standort. Die Vermutung, dass sich in Reinheim eine Nekropole befindet, bestätigt sich 1954, als der Betreiber eines Sandbergwerks die Entdeckung einer Bronzefigur meldet, bei der es sich aber in Wirklichkeit um den mit  anthropomorphen Dekorelementen verzierten Griff eines Handspiegels handelt. Hierauf beginnt die Ausgrabung einer Grabstätte, die  für die keltische  Geschichts-  und Kunstforschung noch heute von unschätzbarem Wert ist. Sie hat die Einwohner des Dorfes Reinheim bleibend geprägt und machte das Dorf auf der ganzen Welt bekannt. Aber nach dieser Entdeckung geriet die Stätte bis zu Beginn der 70er Jahre erneut in "archäologische" Vergessenheit.

DER AUFTAKT ZU DEN AUSGRABUNGEN IN BLIESBRUCK UND DIE MUSEALE AUFWERTUNG DES STANDORTS

1971 beginnt die Geschichte der Ausgrabungen von Bliesbruck. Zu dieser Zeit entdeckt Jean Schaub in Sarreguemines galloromanische Gegenstände im Kulturboden rund um Bliesbruck. Als er sich vor Ort begibt, stellt er fest, dass im Blies-Tal, an der Dorfausfahrt zwischen zwei französischen und deutschen Grenzpfosten, beim Kies- und Sandabbau  nach und nach die galloromanischen Überreste zerstört werden. Er benachrichtigt die zuständigen Behörden: Notgrabungen werden durchgeführt, allerdings werden keine Maßnahmen getroffen, um die Zerstörung zu stoppen.

Ab 1977 engagiert sich Jean Schaub mit seinem freiwilligen Hilfsteam für die Rettung der Stätte, und 1979 wird die Ausgrabung in die nationale Planung aufgenommen. Die Zerstörung wird schrittweise gestoppt, und die Initiative nimmt 1982 konkrete Formen an, als der Generalrat des Departements Moselle sich für die Erhaltung einsetzt, mit dem Beschluss, einen ersten Abschnitt der Stätte zu erwerben. 1985 stimmt er für ein Projekt zur Aufwertung der Stätte in Zusammenarbeit mit dem Kulturministerium (DRAC Lothringen) und  schafft eine feste Archäologen-Stelle.

DIE ENTSTEHUNG EINES EUROPÄISCHEN ARCHÄOLOGIE-PARKS

Zu Beginn der 1980er Jahre beginnt eine neue Phase, die von der Ausweitung der französisch-deutschen Zusammenarbeit zwischen dem Departement Moselle und dem Saarland geprägt ist. Die archäologischen Fundstücke werden im Rahmen mehrerer Ausstellungen präsentiert. Nach und nach entwickeln die Archäologen im  Departements Moselle und im Saarland die Idee, ein gemeinsames Projekt in Bliesbruck-Reinheim zu realisieren. Durch seine Kommunikationsdynamik, seine Hartnäckigkeit, die freundschaftlichen Netzwerke, die er rund um den Standort geschaffen hat, überzeugt Jean Schaub die Behörden zu beiden Seiten der deutsch-französischen Grenze vom hohen wissenschaftlichen, kulturellen und politischen Stellenwert eines solchen Projekts.

1989 wird auf Initiative des Generalrats des Departements Moselle, mit Unterstützung des frz. Kulturministeriums, ein Steuerungsausschuss für die Gründung eines Archäologie-Parks geschaffen.  Dieser beschließt, ein Auswahlverfahren in die Wege zu leiten, das 1991 zur Annahme eines gemeinsamen Aufwertungsprojekts führt. 1992 beginnen die Bauarbeiten zum Museumspavillon der Thermen, dem ersten Abschnitt des archäologischen Parks, während 1999 die museographische Rekonstruktion des Fürstinnengrabs von Reinheim erfolgt. Ein entscheidender Schritt ist getan im Rahmen der Zusammenarbeit zwischen dem Departement Moselle und dem Saarland: die Unterzeichnung  eines Kooperationsabkommens durch die Präsidenten des Generalrats Moselle und des Landrats des Kreises Saarpfalz, das aus der Stätte von Bliesbruck-Reinheim einen  Ort mit konkret grenzüberschreitendem Charakter machte.

Weitere Arbeiten folgen schrittweise: die Umleitung der Departement-Straße, welche die Stätte durchquerte, die Aufwertung der Handwerkerviertel und der großen Villa von Reinheim, der Bau  eines Ausstellungszentrums in Bliesbruck. 2013 wird die französisch-deutsche Dimension verstärkt, dank der Einrichtung einer zweisprachigen Beschilderung auf dem gesamten Areal und permanenten Ausstellungsbereichen entlang dem Besichtigungsparcours.

DER ARCHÄOLOGIE-PARK IN DER GEGENWART

Die progressive Realisierung und Entwicklung wurden durch die Unterstützung des frz. Ministeriums für Kultur und Kommunikation, des Saarlandes und der Europäischen Union ermöglicht. Dank der zwei Gebietskörperschaften - Departement Moselle und Kreis Saarpfalz - die das Projekt im Rahmen einer soliden und freundschaftlichen Partnerschaft tragen, ist der Park heute ein bemerkenswertes wissenschaftliches und kulturelles Zentrum. 2015 wurde ein Pavillon am Grenzverlauf mitten im Park gebaut, dessen Museographie dem Besucher die Geschichte des Parks erzählt, dessen Entstehung  der Freundschaft zwischen Archäologen, Sachbearbeitern und Abgeordneten aus dem Departement Moselle und dem Saarland zu verdanken ist, die sich für ein gemeinsames Ziel basierend auf dem europäischen Gedanken engagiert haben.